„Oh! A wedding in the middle of all this death! It’s wonderful!“
Mit einem Buch, in dem dieser Satz in vollem Ernst ausgesprochen wird, kann nur irgendetwas falsch sein.
Lisa Marie Rice ist das Pseudonym einer Autorin, die sich hauptsächlich im Bereich Erotik und Liebe aufhält und schon eine relativ große Fanbase hat. Wenn ich mich recht entsinne, war sie auch einmal Amazon - Bestsellerin, aber da könnte mich auch meine Erinnerung trügen.
Ich habe bereits ein paar Bücher von ihr gelesen - jedes Mal wieder in der Erwartung, ein gutes Buch in der Hand zu halten. Das Problem ist, dass mich die Inhaltsangaben und Klappentexte jedes Mal wieder ansprechen. Es sind Bücher mit starken Männern, die sich in Combat Boots und Stützpunkten wohler fühlen als in Anzügen und Bürogebäuden. Das ist nunmal der Männertyp, auf den ich fliege, wenn ich meine romantische Ader auslebe und Liebesbücher verschlinge. (Man beachte meinen verzweifelten Versuch mich zu rechtfertigen... ja, ich liebe starke Männer. Du Tarzen, ich Jane *swoon*)
Und die weiblichen Protagonistinnen sprechen mich auch jedes Mal wieder an - Frauen auf der Flucht, hochintelligente Professorinnen, ruhige Mädchen von Nebenan. Die meisten Protagonistinnen, die unentwegt plappern, brüllen und fluchen, während sie sich irrational verhalten, gehen mir nämlich ziemlich auf die Nerven. Und solche Protagonistinnen gibt es bei Lisa Marie Rice nicht.
Was ist nun das Problem mit ihren Büchern? Die Handlungsstränge sprechen mich an, die Protagonisten gefallen mir (grundsätzlich) - was erwarte ich mir mehr von einem guten Buch?
Beginnen wir einmal bei dem Beispiel von „Breaking Danger“, dem letzten Teil der „Ghost Ops“-Trilogie. Den ersten Teil habe ich nicht gelesen, den zweiten schon und den dritten lese ich gerade und habe das dringende Bedürfnis meinen Kopf an der Wand einzuschlagen, wie es diverse Individuen in dem Buch bereits getan haben.
Die Ausgangssituation ist relativ einfach - es gibt eine geheime, militärische Gruppierung, die so geheim ist, dass die Mitglieder selbst fast nicht wissen, dass sie überhaupt existieren. Als sie schließlich von ihrem General verraten werden, packen drei der Soldaten ihre Sachen und flüchten, während ihre Kameraden gefangen genommen werden. Die drei - Mac, Nick und Jon - bauen sich einen Zufluchtsort auf, den sie kurz und bündig „Haven“ nennen, wo sie im Laufe der Zeit weitere Leute aufnehmen, die vor Regierung, Verbrechern oder was es sonst noch alles gibt flüchten.
Doch schließlich erfahren die drei, dass ihre Kameraden nicht vor ein Gericht - so geheim es auch sein müsste - gestellt wurden, sondern als Versuchskaninchen in einem Labor missbraucht werden. Und voíla - hier ist unser Bösewicht. Akra, eine Pharmaziefirma, die Leute mit „übersinnlichen“ Fähigkeiten untersucht und deren Chef den Wunsch hat eine Generation von Supersoldaten zu züchten.
In Teil zwei - I Dream of Danger - gelingt es besagten Chef einen bösartigen Virus zu erschaffen und sich gleichzeitig damit anzustecken. Die Seuche bricht schnell und gnadenlos aus und droht ganz Californien zu infizieren. Das Beste daran ist - die Infizierten werden zombieähnlich.
Sie werden von einer besinnungslosen Wut übermannt, die sie dazu bringt ihre Mitmenschen zu attackieren und zu zerfleischen. Durch ihre Bisse überträgt sich das Virus weiter und weiter, während die Infizierten alle rationalen Gedanken verlieren. Lustig, oder?
Ich mag solche Bücher, also bis hierhin ist immer noch alles in Ordnung.
Aber jetzt kommt dieser gewaltige Kritikpunkt, über den ich nicht hinweg sehen kann.
Sex.
Klar, bei einer Erotikautorin sollte ich erwarten, dass Sex vorkommt, nicht wahr? Und ich habe wirklich nichts dagegen, ich lese dieses Buch ja im vollen Bewusstsein, dass es eine erotische Liebesgeschichte ist. Aber mit Maß und Ziel.
Es gibt da diese Szene, wo Jon sich durch eine Horde voll von Infizierten kämpft, bis zu dem Haus, in dem sein zukünftiger Loveinterest sich versteckt hat. (Oh, großer starker Mann und Rettungsaktion *sabber*) Die beiden haben sich bis zu diesem Zeitpunkt noch kein einziges Mal gesehen. Sie hatten überhaupt keinen Kontakt miteinander. Also - Jon fällt durch die Tür tatsächlich ins Haus, direkt auf Sophie (loveinterest) hinauf, knallt die Tür zu, Zombies knallen dagegen.
Und dann haben sie Sex.
Direkt vor der Tür, wo ein Zombie davor steht (okay, sie warten, bis er weggeht), auf dem Fußboden, zwei Minuten, nachdem sie sich das erste Mal gesehen haben, haben sie Sex.
Jon ist zuvor in einem Helikopter über zwei kleine Kinder hinweg geflogen, die sich in einer Baumkrone versteckt haben. während Zombies gegen den Baumstamm hämmerten. Und dann hat er Sex. Wie bringt der Typ da noch einen hoch? Ich meine, kalt und berechnend finde ich verdammt sexy. Aber das ist nicht mehr kalt und berechnend, das ist absurd.
Also - Jon und Sophie haben Sex.
Danach reden sie über die Zombies, Sophie wirft mit Fachchinesisch um sich und während draußen weiterhin Zombies hin und her torkeln, denkt Jon daran, wie er mit Sophie Sex hatte. Ein bisschen später zieht ein Zombieschwarm an ihnen vorbei - und um fair zu sein, der wurde wirklich gut beschrieben. Wirklich, das war eine tolle Szene, die mir Gänsehaut über den Rücken gejagt hat.
Besagter Zombieschwarm zieht an ihnen vorbei, Sophie hält es noch ein bisschen zusammen, dann bekommt sie einen Nervenzusammenbruch und heult sich auf Jons Schoß aus. Verständlich, finde ich.
Danach kommt noch ein bisschen, was in Jons Vergangenheit so passiert ist - was unter anderem drogenabhängige Eltern und Pädophile enthält - und die beiden reden miteinander.
Bis dahin fand ich es super.
Bis die beiden Sex haben. Während draußen ein paar tausend Zombies vorbeiziehen. Und sie gerade darüber geredet haben, dass seine Eltern ihn an einen Pädophilen verkauft haben. Ich meine, er wurde nicht vergewaltigt, aber trotzdem.
Es war einfach *booom* wir haben jetzt Sex. Weil Baum.
Maß und Ziel. Maß und Ziel. Maß und Ziel… kapiert? Ich kann das jetzt noch ewig vor mich hin brabbeln, bis das im Kopf jeder Erotikautorin eingraviert ist.
Nun ja, vermutlich bin ich selbst schuld, weil ich dieses Buch gelesen habe. Immerhin wusste ich, dass mich Sexszenen erwarten. Aber ernsthaft - dieses Ausmaß und dieses irrationale, sinnlose Verhalten war zu viel. Genau wie die ständigen Gedanken der Protagonisten um Sex. Hey, Menschen sterben, aber deine Brüste sind so wunderschön und schmecken nach Kirschen (!). Lass uns Sex haben. Aber nein, wir brauchen kein Vorspiel, ich sehe dich einfach nur an und schon ist dein Körper bereit dazu mit mir Sex zu haben.
Das ist das nächste Problem bei diesen Sexszenen. Sie sind nicht gut. Sie sind alle - wirklich alle! - reine Missionarsstellung, zumeist ohne Vorspiel, weil der Mann meist so verrückt nach seiner heißgeliebten Frau ist, die er seit einer halben Stunde kennt, dass er einfach nur mehr in sie will. „He needed to be in her“ - ich glaube, das ist einer der meist verwendeten Sätze in diesem Buch. Also - kein Vorspiel, aber Orgasmen zum Haare ausreißen. Das beste war ja bei „Woman on the Run“, wie er einfach in sie eindrang und sie kam. Hallo? Wieso? Sie haben nichts anderes getan, als sich zu küssen und dann hat er ihr das Höschen vom Leib gerissen und sie hatte einen Mega-Orgasmus, während draußen ihr kleiner achtjähriger Schüler nach ihr fragte.
Maß und Ziel, Maß und Ziel, Maß und Ziel…
Nächstes Problem: die unendlichen Gedanken der Protagonisten über ein und dasselbe. Ich saß die Hälfte vom Buch da und klickte auf die nächste Seite, weil sich die Gedanken einfach ständig wiederholten. Es passierte nichts, es wiederholte sich nur, immer und immer wieder.
Oh, du findest ihn sexy? Großartig. Denk das vielleicht noch fünfmal, während du das Leben von diesem armen Kind vor dir retten solltest.
Oh, du findest sie mutig? Yay, überleg noch ein bisschen mehr, wieso sie so mutig und großartig und schnell ist, während Zombies versuchen euch beide in Stücke zu reissen.
Uff.
Ich fühle mich zu alt für solche Bücher. Oder zu jung? Vielleicht hat es nichts mit dem Alter zu tun. Vielleicht hat es was mit geistiger Reife zu tun. Oder… keine Ahnung. Ich halt die Klappe und mache mir eine rote Markierung nie wieder ein Buch von Lisa Marie Rice zu lesen, egal wie verführerisch sich der Klappentext anhört.
P.s.: Marking Scent? Mag mir irgendjemand erklären, was das ist? Denn es ist anscheinend irgendeine männliche Körperflüssigkeit, die Mann über Frau rubbeln will, damit jeder Mann die Pfoten von ihr lässt. Oder ist es nur ein anderer Ausdruck für Sperma? Allerdings passt das dann nicht mehr mit dem Satz: „It had never come out of him before, but he recognized it instantly.“
Mein Kopf erträgt das hier nicht mehr, vielen Dank.
Maß und Ziel, Maß und Ziel, Maß und Ziel…
chili-con-carnige Grüße
Sophia
Werke, auf die sich diese Rezension bezieht: Ghost-Ops-Reihe Midnight-Reihe (auf Deutsch) Gefährlicher Fremder Gefährliche Wahrheit Woman on the Run |